1. Tierschutzhunde brauchen nicht so viel Zeit wie zum Beispiel ein Welpe
Wer
glaubt, ein Mitleidshund bräuchte weniger Zeit und Engagement seitens
des Besitzers, dem bleibt unter Umständen ein böses Erwachen nicht
erspart. Bei
einem Welpen zum Beispiel braucht man Zeit, um ihn stubenrein zu
bekommen. Es
stehen zunächste einige Wochen oder gar Monate bevor, in denen man
eine besondere Obacht auf den Welpen haben sollte, um kleine
Mißgeschicke zu verhindern.
Fakt
ist bei einigen Mitleidshunden, daß sie niemals in einem häuslichen
Umfeld gelebt haben. Sie
konnten ihre Notdurft überall verrichten. Nun
verstehen sie nicht, daß der plüschige Wollteppich kein Hundeklo
ist. Einen
erwachsenen Hund stubenrein zu bekommen, ist ungleich schwieriger als
einen Welpen, der zudem das Leben im Haus gewöhnt ist. Wochenlanges
Training stehen bevor und eine zusätzlich gegebene Unsicherheit im
gesamten neuen Umfeld erschweren dies zusätzlich. Manche
Mitleidshunde lernen es nie.
Ein
Welpe oder Junghund lernt in bestimmten Lebensphasen zum Beispiel
während der sogenannten sensiblen Phase im Alter von der 6. bis zur
18. Lebenswoche besonders leicht, sozusagen im Schlaf. Alle
Erfahrungen in dieser Zeit beeinflussen die spätere Wahrnehmung und
Beurteilung von Reizen, sowie die individuellen Reaktionen darauf. In dieser Zeit entwickelt sich die Persönlichkeit des Hundes, Strategien bilden
sich heraus, wie auf bestimmte Situationen reagiert wird, ob zum
Beispiel mit Flucht oder Angriff. Dieses
Verhalten ist in höherem Alter nur sehr schwer zu verändern und
benötigt sehr viel Engagement, Wissen und Zeit. Mehr
Zeit jedenfalls als im Welpenalter. Dabei
sollte man nicht vergessen, daß über genau diese sensible Phase bei
Mitleidshunden in der Regel nichts bekannt ist. Man
weiß also nicht, wie dieser Hund in bestimmten Situationen reagieren
wird.
Fazit: Einen adoptierten Mitleidshund zu integieren, braucht in der Regel mehr Zeit und
Engagement als zum Beispiel einen Welpen oder Hund mit bekannter
Herkunft und Biographie
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Foto: Stefan Linnemann |
2. Ein Tierschutzhund ist billiger als ein anderer Hund
Mitleidshunde kommen meistens aus unklaren Verhältnissen. Selten ist etwas über das bisherige Leben bekannt. Ebenso wenig weiß man über Vorerkrankungen oder bestehende Verletzungen. Mitleidshunde sind in der Regel aufgrund der Lebensbedingungen in ihrer Gesundheit gefährdeter als andere Hunde. So spielt zum Beispiel die Ernährung während des Wachstums eine wichtige Rolle. Oft ist diese Phase jedoch längst vorbei, und es ist unklar, ob der Hund optimal oder mangelhaft ernährt wurde. Genauso unklar ist, ob mit Folgeerkrankungen deswegen zu rechnen ist.
Selbiges
gilt gleichermaßebn für Wurmkuren, Flohbefall oder Befall mit
anderen Parasiten wie zum Beispiel Zecken, die mitunter gefährliche
Krankheiten übertragen können.
Auch
andere Infektionskrankheiten können in dem Hund schlummern und erst
ausbrechen, wenn die Stressbelastung der Adoption und damit der Umzug
in das neue Zuhause das Immunsystem überstrapazieren. Nicht
selten sind Mitleidshunde aus Kostengründen nicht ausreichend
geimpft. Manche
reisen mit falschen Papieren und eine gründliche tierärztliche
Untersuchung ist notwendig.
Ein
Hund, der vielleicht bereits einen Unfall hatte oder mit einer
anderen akuten Erkrankung wie zum Beispiel Milben, Hautpilz oder
Ohrenentzündung beim Mitleidskäufer ankommt, hat eventuell
aufwändige und langwierige Behandlungen vor sich. Das
kann sehr schnell richtig ins Geld gehen.
Fazit: Mitleidshunde
sind zwar preiswert aber nicht kostengünstig
3. Hunde aus dem Tierschutz sind sozial kompatibel
Viele
Mitleidshunde, die zum Beispiel aus Tierheimen im Ausland oder aus
Pflegestellen kommen, werden dort angeblich „artgerecht“ im
Rudel, soll heißen, mit Artgenossen zusammen gehalten. Nicht
selten passiert dies weniger aus Gründen der artgerechten Haltung
als daß vielmehr hier die Kosten eine Rolle spielen. Nicht
alle Hunde sind dafür geeignet, in einer Gruppe von mitunter 20 und
mehr Tieren gehalten zu werden. Zumal
diese Hunde kein Rudel im Sinne der eigentlichen Familie wie es bei
den hundeartigen üblich ist, bilden. Diese
Hundegruppen ähneln in ihrer Struktur eher einer Wohngemeinschaft,
bei der aber niemand frei entscheiden kann, ob er bleiben will oder
lieber ausziehen. Die
Hunde haben keine Wahl und sich sich der Alternative, eventuell
getötet zu werden oder in „Freiheit“ zu sterben nicht bewußt. Sie
finden sich in dieser Situation wieder und entwickeln - jeder für
sich - eine Strategie, damit umzugehen: Der
eine rennt weg und der andere benutzt die Artgenossen, um seinen
Frust abzubauen. Jeder
Neuzugang in dieser Gruppe wird erstmal kleine Brötchen backen, sich
möglichst unauffällig benehmen und eher sein Heil in der Flucht
suchen. Denn
ihm ist bewußt: Alle anderen sind EINE Gruppe! Da hat
ein einzelner keine Chance, wie sehr er sonst auch Artgenossen
verabscheuen mag. Kommt
dieser Hund nun zu seinem Mitleidskäufer, findet er sich meistens in
menschlicher Gesellschaft, sprich Familie wieder. Trifft
er nun draußen auf einen Artgenossen, bedeutet dieser zunächst eine
gefühlte Bedrohung mindestens der eigenen Individualdistanz. Diese
gilt es zum eigenen Schutz zu verteidigen. Traumatische
Erfahrungen aus dem Leben vorher tun ein Übriges dazu. Der
Hund hat gelernt: Bevor der andere mich bedroht, halte ich ihn mir
vom Hals. Eine
die eigene Bewegungsfreiheit einschränkende Leine mit einem hilflos
erscheinenden Menschen am anderen Ende verschärft die Situation
zusätzlich.
Fazit: Mitleidshunde
sind nicht automatisch sozial verträglich
4. Hunde aus dem Tierschutz sind extrem anpassungsfähig
Der
Mitleidshund ist genauso viel oder wenig anpassungsfähig wie jeder
andere Hund, allerdings mit der Einschränkung, daß im
fortgeschrittenen Alter die Anpassungsfähigkeit nachlässt. Nie
wieder ist sie so hoch wie im Welpenalter.
Auch
das gilt für alle Hunde. Jedoch
machen die Hunde und auch Welpen hier eine Ausnahme, die zum Beispiel
aufgrund traumatischer Erfahrungen ohne Mutter oder Geschwister
aufgewachsen sind. Solchen
Hunden fehlt es nicht selten die Fähigkeit, Vertrauen aufzubauen. Diese
Hunde haben bereits sehr früh die Erfahrung gemacht, daß sie am
Besten alleine zurecht kommen. Doch
auch Hunde, die in jungen Lebensmonaten auf sich gestellt, alleine
Lebenserfahrungen gesammelt haben, sind später nicht an ihrem
Menschen orientiert, sondern entscheiden selbständig und unabhängig. In zum
Beispiel ängstigenden Situationen - die im Übrigen bei solchen
Hunden aufgrund unzureichender Gewöhnung relativ oft auftreten -
sind diese Hunde einfach weg. Sie
flüchten kopflos und nicht selten lassen sie sich auch nicht wieder
einfangen mit manchmal tödlichem Ausgang. Zudem
haben Mitleidshunde in der Regel nicht die besten Erfahrungen mit
Menschen gemacht. So tun
sich gerade diese sehr schwer damit, Vertrauen zum Menschen
aufzubauen. Oft
gelingt dies nicht oder nur mit sehr viel Engagement und Fachwissen.
Fazit: Mitleidshunde
sind nur so anpassungsfähig wie ihre Vorerfahrungen mit Menschen
positiv verlaufen sind, was selten der Fall ist
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Foto:Nadine Krei |
5. Hunde aus dem Tierschutz sind dankbar
Ein
Mitleidshund lebt genau wie alle anderen im HIER und JETZT. Er
macht sich keine Gedanken darüber, was gewesen wäre, wenn....oder
darüber, was sein könnte. Ihm
ist nicht klar, daß im Extremfall die Alternative zu seiner jetzigen
Situation die Tötung gewesen wäre. Ihm
ist gar keine Alternative klar. Er
findet sich nach der Adoption in einer für ihn vollkommen neuen
Situation wieder, die er sich ja nicht ausgesucht hat - er hatte
keine Wahl. Hätte
er eine gehabt, hätte er vielleicht anders entschieden, das weiß
man nicht. Nun
ist es aber so, daß er zurecht kommen muss, in dieser neuen,
mitunter für ihn vollkommen fremden Welt. Er
kennt davon nichts, keine Autos, keine Sirenen, schreienden Kinder,
manchmal nicht einmal geschlossene Räume, geschweige denn Kommandos
oder seinen Namen. Nicht
selten fallen die Mitleidshunde in ihrem neuen Zuhause in eine
Schockstarre, verlassen den Platz, auf den sie gesetzt wurden, nicht
mehr. Manche
sind so geschockt, daß sie sogar dort Kot und Urin absetzen. Sie
kennen die Menschen nicht, keine Haustürklingel oder einen
Fernseher. Nichts
ist mehr wie vorher, alles Bekannte, vielleicht der befreundete
Artgenosse, der bisher Sicherheit gab - alles ist weg, anders. Der
Hund befindet sich im Schockzustand.
Oft
können solche Hunde nicht an der Leine geführt werden, denn sie
kennen weder Geschirr noch Halsband. Nach
einer Woche beginnen sie dann eventuell die eigene Individualdistanz
zu verteidigen und der Mitleidshund zeigt zum ersten Mal
angstaggressiv die Zähne. Alles
ist möglich, aber Dankbarkeit wird man vergeblich erwarten. Der
Mitleidshund ist zutiefst verunsichert, hat vielleicht Angst um sein
Leben.
Fazit: Dankbar
wird er erstmal nicht sein
Nachtrag:
Diese
fünf Hoffnungen sollen keine Argumente gegen die Adoption eines
Tierschutzhundes zum Beispiel aus dem Ausland oder einem Tierheim sein,
sondern vielmehr aufklären. Menschen
meinen es gut, wollen einem Mitleidshund ein besseres Leben geben,
ihn vielleicht vor dem sicheren Tod bewahren. Das
sind großartige Motive für die Adoption eines Mitleidshundes. Doch
wenn in diesem Vorhaben nicht nur Selbstlosigkeit eine Rolle spielt,
sondern daran bestimmte Erwartungen geknüpft sind, sind Enttäuschungen
vorprogrammiert.
Um
einem Hund den Weg von Mitleid über Enttäuschung hin zum
Wanderpokal zu ersparen, gibt es nur den Weg, Menschen vorher zu ENT
- TÄUSCHEN, also aufzuklären, was sie wirklich erwartet.
Wer
sich unter Akzeptanz dieser Konsequenzen dennoch oder gerade deswegen
für einen Mitleidshund ganz bewußt entscheidet, verdient absoluten
Respekt!
Für
alle anderen gibt es diverse Tierschutz- und vor allem
Kastrationsprojekte vor Ort, die es ebenso verdienen, zumindest
finanziell unterstützt zu werden.
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